Über 80 % des Kluane Nationalparks ist bedeckt von Eis. In seinem Zentrum
liegt Mount Logan, mit 5'959 M.ü.M der höchste Berg Kanadas. Zusammen mit dem Wrangell-St.-Elias-Nationalpark, dem grössen Nationalpark der USA, gehört dieses UNESCO Weltnaturerbe
zu den grössten geschützten Gebieten der Welt - fast doppelt so gross wie die
Schweiz!.
Keine Strassen führen in den Park. Um die Bergriesen besteigen zu können, werden
Bergsteiger und ihr Equipment auf den Gletscher geflogen. Wanderer bewegen sich am
Rande des Parks, man kommt so tief wie man sein Zelt und sein Essen tragen kann.
Wobei der "Rand" des Parks immer noch tausende Quadratkilometer umfasst!
Wir haben uns zwei kürzere Trekkings (Mount Decoeli und Slims River West) ausgesucht, für
die längeren fehlte uns die Kondition - wir hätten uns dafür dieses Jahr mehr auf Wandern als auf Paddeln konzentrieren
müssen.
Wir sind spontan auf das Wanderer's Inn in Haines Junction gestossen. Es verkörpert den Backpacker-Geist: Man trifft sich entweder in der grossen Küche und dem Aufenthaltsraum oder abends am Lagerfeuer zu lebhaften Diskussionen. Der Hostel-Besitzer setzt sich auch gern dazu und gibt gute Tipps was man sonst noch so alles hier im Yukon (und sonst wo auf der Welt) unternehmen könnte.
Das Trekking zum Mount Decoeli ist eine weniger begangene, weglose Tour zu einem Aussichtsberg. Uns hat vor allem die Wildnis und Weglosigkeit gereizt, wir wollten auch zu Fuss ins Unbekannte wandern. Ein Grossteil der Tour führte über kohlenschwarzes Geröll, das einen Gletscher komplett zudeckte - eine sehr spannende Umgebung.
Am ersten Tag wanderten wir in einem Bachbett hoch. Daneben zu laufen war fast unmöglich: Dichtes Gestrüpp versperrte den Weg komplett.
Immer wieder querten wir deshalb den mäandrierenden Bach oder zwängten uns
durchs Gestrüpp.
Es gilt hier, möglichst keine Grizzly-Bären zu verschrecken - was im dichten Gebüsch
neben einem laut rauschen Bach leichter gesagt als getan ist. Ein Ranger erzählte uns
vor der Tour, dass Bären nicht auf Glöckchen reagieren, nur die menschliche Stimme
ist für sie eindeutig. Also wanderten wir lauthals singend und diskutierend -
ziemlich anstrengend!
Ein winziges gerades Eckchen Gras am Fuss des Gletschers reichte aus, um unser rotes Zelt aufzustellen. Vom Gletscher wehte ein heftiger Wind, was aber unsere kleine Trutzburg bestens wegsteckte. Wir kamen gerade rechtzeitig zu einem wunderbaren Sonnenuntergang.
Der Aufstieg zum Gipfel war eine richtige Bergtour: Zuerst wanderten wir über
den von einer dicken Geröllschicht bedeckten Gletscher. Anschliessend gings steil
den Berg hinauf auf losem Schutt. Nach jedem Schritt vorwärts rutschten wir einen
halben wieder hangabwärts!
Die Aussicht war aber immer grandios: Unter uns der Steingletscher, rings um uns
ein Halbkreis aus schwarzen Bergen.
Da der Mount Decoeli am Rande des Gebirgsmassifs steht, schweifte der Blick vom Gipfel aus bis weit in die Ebene hinaus. Auf dem Gipfel traf Peter auf eine Gruppe von Kanadiern, die morgens an uns vorbeigewandert waren. Wie immer bei solchen Begegnungen ergaben sich sofort interessante Gespräche: Die Gruppe hatte sich erst am Trailhead getroffen, als dort alle gezeltet hatten um früh Morgen zum Gipfel aufzubrechen.
Bei der fantastischen Fernsicht war sogar der Mount Logan zu entdecken (der weisse Gipfel im Bild unten). Hier wird erst deutlich, wie riesig dieser Nationalpark ist: Der kleine weisse Gipfel im Hintergrund ist ein fast 6'000 Meter hohes Bergmassiv in einer riesigen Gletscherebene.
Die seltenen Dall Sheep sind offensichtlich eng mit unseren Steinböcken verwandt: Abgesehen von der Fellfarbe sehen sie genau gleich aus. Sie waren sehr scheu, aber bei der Nachmittagspause hatten sie sich oberhalb von uns auf der anderen Bergseite niedergelassen, wo wir sie durchs Teleobjektiv lange beobachten konnten.
Nach der Gipfelbesteigung wanderten wir auf der gegenüberliegenden Seite des
Sattels tiefer in den Nationalpark hinein. Abends erreichten wir eine Wiese
am Ufer des Gletscherbachs - ein schöner Lagerplatz.
Ein vorwitziges Red Squirrel versuchte uns beim Nachtesssen etwas Essen
abzujagen. Immer wieder schlich es sich von allen Seiten an - wir mussten dauernd
auf der Hut sein!
Heute drehten wir um und wanderten wieder zurück in Richtung Ausgangspunkt. Die Gletschermoränen und Schuttfelder waren in der Gegenrichtung nicht weniger anstrengend! Aber das Wetter hielt sich hervorragend und die Mondlandschaft sah total eindrücklich aus.
Zwischen Felsblöcken entdeckten wir ein Pika, welches fleissig mit dem Sammeln von Gräsern beschäftigt war. Die kleinen Tierchen leisten unglaubliches: Sie machen keinen Winterschlaf, sondern sammeln und trocknen während den extrem kurzen Sommern genügend Kräuter und Gräser um davon den Rest des Jahres leben zu können. Zwei Quadratmeter Wiese reichen einem Tier zum leben! Selbst auf Nunataks (eisfreie Bergspitzen in Gletscherplateaus) trifft man sie an.
Nach stundenlangem Wandern über Gletschermoränen und Geröllfelder konnten wir uns richtiggehend entspannen, als wir den Bach erreichten, welchem wir hoch ins Gebirge gefolgt waren. Nun mussten wir nur noch dem Bach entlang runter laufen!