Nach dem chinesischen Neujahr werden überall im Norden Vietnams
grosse Festivals ausgetragen. Diese Festivals sind eine phantastische
Gelegenheit, mehr von der Kultur der Minderheitenvölker mitzubekommen.
Alle kleiden sich in ihren traditionellen Trachten und gehen traditionellen
Spielen nach.
Das Abenteuer begann für uns erst mal damit, überhaupt herauszufinden,
wann die Festivals stattfanden. Wir fragten überall herum, aber niemand
konnte uns Auskunft geben. Selbst die Bewohner der Austragungsorte schienen
einen Tag vor dem Fest immer noch nicht zu wissen, wann dieses denn nun
stattfinden würde. Wir folgten dem Rat von Phil und hielten uns auf Abruf bereit, um sofort losfahren zu können wenn der entsprechende Anruf von einem Dorf kam.
Als Dank für unseren Einsatz leihten uns So und Ker H'Mong Kleider aus. Nachdem wir im ETHOS Haus von Niu und So eingekleidet worden waren, machten wir uns auf zur einstündigen Rollerfahrt zum Tan Phu Festival, am andern Ende des Tals.
Am Festival schien es, als wären wir die Hauptattraktion: Alle
wollten ein Foto mit den beiden westlichen H'Mong haben! Wir waren
ja auch kaum zu übersehen - überragten wir doch das Publikum
um mindestens einen Kopf. Vor allem ältere Damen waren jeweils total
fasziniert und beinahe zu Tränen gerührt, dass da jemand ihre
traditionelle Kleidung trug.
Das Festival selbst war beinahe schon zu Ende als wir es erreichten. Wir
konnten noch dem traditionellen Tanz beiwohnen und den Ziegen-Schaukampf
bewundern. Dieser zog sich ziemlich in die Länge, die Ziegen wollten sich lieber neugierig beschnuppern als zu kämpfen.
Auf dem Rückweg wanderten wir ein kleines Stück einem Bach entlang hoch und kühlten uns etwas ab. In der engen Kleidung waren wir inzwischen total überhitzt und schwitzen wie wahnsinnig. Dabei zeigte sich ein kleiner Nachteil der mit Indigo natürlich gefärbten Kleider - sie färbten ab. Abends sah vor allem Peter aus wie ein Schlumpf, blau von Hals bis Fuss!
Auf dem Nachhauseweg brausten wir mit dem Roller an einer H'Mong Frau vorbei. Wir erkannten sie sorfot: Es war Ker, die uns Daniela's Kleid geliehen hatte - was für ein Zufall! Wir nutzten sofort die Gelegenheit, um zusammen ein Gruppenfoto zu machen.
Ta Phin ist eines der wenigen Dörfer, in denen sowohl Red Dao, als auch Black H'Mong leben. Am Festival waren aber hauptsächlich die H'Mong vertreten. Diesmal waren wir wesentlich früher dran und konnten all die Aktivitäten mitverfolgen.
Ein beliebtes Spiel, welches an keinem Fesival fehlen darf, ist das
Erklettern der Bambusstange. Das Ziel ist offensichtlich: die Spitze
des Bambus muss erreicht werden. Dem Sieger winkt ein Sack voller Süssigkeiten
(der übliche Preis für all die verschiedenen Aktivitäten).
Es sieht recht einfach aus, den Bambus zu erklimmen. Fast wie das
Stangenklettern in der Schule. Aber weit gefehlt: Der Bambus ist absolut
glatt und wird vor dem Kletterversuch gut eingeölt! Zum Gelächter
der Anwesenden ist Peter kläglich gescheitert, mehr als einen halben
Meter ist er nicht vom Boden weggekommen!
Ein sehr lustiges Spiel ist "Fang die Gans". Die Glücksritter müssen mit verbundenen Augen eine Gans einfangen. Sehr amüsant: Alle Zuschauer schreien Instruktionen, während die Gänsefänger über ihre eigenen Füsse stolpern und die Gänse sich auf der andern Seite des Rings verstecken. Nur ein einziges mal sahen wir einen erfolgreichen Fang.
Witzig ist auch das Balancieren über die Bambusstange. Wieder
so ein einfach aussehendes Spiel, welches fast unmöglich zu gewinnen
is! Der Bambus ist am hintern Ende schwingend aufgehängt, er bewegt
sich also hin und her. Zusätzlich ist er sehr elastisch, weshalb
er auch auf und ab schwingt. Bei jedem Schritt vollführt er deshalb
seltsam kurvige Bewegungen, die fast nicht auszugleichen sind.
Lustigerweise wird der Bambus über einem sumpfigen Reisfeld aufgestellt,
so dass der Verlierer bis zu den Knien einsinkt. Unnötig zu sagen,
dass Peter auch hier nicht sehr weit kam...
Auch das Stelzenlaufen auf den Bambusstöcken sah sehr elegant aus:
Die H'Mong überquerten damit Flüsse und spazierten durch sumpfige
Reisfelder! Wir kamen nicht mal einen Schritt weit.
Das grösste Festival der Region ist auch das letzte. In Ta Van treffen sich am Tag des ersten Vollmondes nach Tet tausende H'Mong, um das Ende der Tet Feierlichkeiten zu feiern. Nach diesem Tag kehrt überall wieder der Alltag ein. Am Festival wird aber nochmals so richtig gefeiert.
In Ta Van war der Einsatz für's Bambuslaufen noch ein wenig Höher: Wer verliert fällt in den Fluss.
Zwei Wasserbüffel traten gegeneinander an im Pflugwettbewerb.
Ganz lustig war der Wettkampf um den schnellsten Läufer. Ziel war es,
die Fahne oben auf der Reisterasse zuerst zu erreichen. Beim Start wurde
mit viel Effort zuerst ein Gang für die Läufer freigemacht,
nur um dann fünf Sekunden vor dem Start die Richtung des Laufes
komplett zu ändern. Ziemlich eindrücklich, wie die Leute
barfuss auf die grossen Steine sprangen!
Dass die H'Mong durch die Feldarbeit äusserst zäh sind, zeigte
sich vor ein paar Jahren bei der ersten Ausgabe des Sapa Marathons: Die
ersten Plätze waren alle belegt von H'Mong, welche alle zuvor noch
nie einen Lauf bestritten hatten!